Wie das Förderprogramm bio.og Biotope schafft
14. August 2025
„Wahnsinn, was hier schon alles blüht und fliegt", sagt die städtische Landschaftsarchitektin Stefanie Birk während ihr Blick auf das Vordach des Technischen Rathauses fällt. Vor ihr breitet sich ein noch etwas lückenhafter Pflanzenteppich aus. Darunter befinden sich neben Sedum-Pflanzen unter anderem Bohnenkraut, Kartäusernelken und Thymian. Die Setzlinge wurden erst vor zwei Monaten gepflanzt und sind inzwischen deutlich gewachsen.
Das grüne Rathaus-Flachdach ist ein Beispiel dafür, welche Vorteile Gebäudebegrünungen für Mensch und Tier bieten können. Wer Interesse daran hat, sein Dach oder seine Gebäudefassade zu begrünen oder sein Grundstücke zu entsiegeln, kann sich das über das von der Stadt aufgelegte Programm bio.og mit Zuschüssen von bis zu 2.000 Euro fördern lassen. „Schon 20 Quadratmeter Dachbegrünung, beispielsweise auf einer Garage, bringen etwas“, erläutert Birk, die das Programm betreut und Bürgerinnen und Bürger bei Fragen berät. Wie viel das bringt, dazu hat der Bundesverband GebäudeGrün (BuGG) genauere Zahlen: So kann eine begrünte Dachfläche laut Broschüre Oberflächen im Sommer um bis zu 19 Grad abkühlen und im Winter um bis zu sieben Grad wärmen. Und nicht nur das: Bei Starkregen speichert die Vegetationsschicht überschüssiges Wasser und gibt es anschließend nur langsam wieder ab. Dadurch werden die Kanalnetze weniger belastet und das Risiko für lokale Überschwemmungen verringert sich. Und: Begrünte Dächer harmonieren nach Angaben des BuGG auch gut mit Photovoltaikanlagen. Die Verdunstungskühle der Pflanzen verhindert, dass sich die Module zu stark aufheizen. Dadurch sind höhere Stromerträge möglich.
Extensive vs. Intensive Dachbegrünung
Für die meisten bestehenden Gebäude eignet sich eine sogenannte extensive Dachbegrünung. Der Grund: Das geringere Gewicht, welches je nach Schichtstärke zwischen 80 und 180 Kilogramm pro Quadratmeter beträgt und eine Substratschicht von nur acht bis 15 Zentimetern Stärke benötigt. Ein Statiker sollte dennoch immer hinzugezogen werden. Bepflanzt wird dann wie auf dem Dach des Technischen Rathauses mit robusten Arten wie Sedum oder Thymian, die mit Hitze ebenso gut klarkommen wie mit Frost. Die deutlich seltenere intensive Dachbegrünung mit stärkeren Substratschichten erlaubt auch eine Bepflanzung mit Sträuchern oder größeren Pflanzen, ist aber oft zu schwer für bestehende Dächer und meist nur bei Neubauten möglich, bei denen diese Begrünungsform von Anfang an mitgedacht wird, wie Birk weiß. Auch beim Klimaschutz bringt ein Gründach Vorteile: Eine extensive Dachbegrünung bindet pro Quadratmeter zwischen 0,5 und 0,9 Kilogramm klimaschädliches CO₂; eine Fassadenbegrünung rund 2,3 Kilogramm. Zum Vergleich: Eine normale Rasenfläche schafft etwa 0,5 bis 1,5 Kilogramm, eine artenreiche Wiese sogar bis zu fünf Kilogramm.
Und nicht nur das: Begrünte Dächer und Fassaden schaffen Lebensräume für Tiere. Nektar- und pollenreiche Pflanzen locken Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten an, Vögel finden Rastplätze und Nahrung. Selbst ein kleines Garagendach kann so zu einem sogenannten „Trittsteinbiotop" im Stadtgebiet werden, erklärt Birk weiter. Gemeint sind damit Orte, die Tieren zwischen ihren Habitaten temporär als Zuflucht dienen können. „Bei naturnaher Gestaltung wird die Artenvielfalt gefördert“, so Birk. Möglich sind auch sogenannte Biodiversitätsdächer, zu deren Kennzeichen neben Totholz auch sogenannte Sandlinsen (Nisthilfen für Wildbienen) gehören. Aber auch hier muss unbedingt die Gebäudestatik im Blick behalten werden. Und noch einen weiteren Vorteil von Begrünungs- und Entsiegelungsmaßnahmen kennt Stefanie Birk: Die Fähigkeit der Pflanzen, Staub zu binden und die Luft zu reinigen. „Das reduziert die Feinstaubbelastung.“
So funktioniert‘s
Seit Programmstart haben bereits 16 Offenburgerinnen und Offenburger die Chance genutzt, sich ihre Gebäudebegrünung oder Flächenentsiegelung (darunter fällt auch die naturnahe Umgestaltung von sogenannten Schottergärten) fördern zu lassen. Wer ein ähnliches Projekt plant, findet alle dafür nötigen Unterlagen unter www.offenburg.de/bio-og. Dann den Antrag herunterladen, ausdrucken und ausfüllen, Kostenschätzung, einen Lageplan mit Maßangabe, Eigentumsnachweise und aktuelle Fotos der Fläche beifügen. Ist der Antrag bewilligt, kann es losgehen. Bauzeit und Fertigstellung müssen ebenfalls dokumentiert und nach Fertigstellung eingereicht werden. Danach erfolgt die Auszahlung. Bei Fragen berät Stefanie Birk gerne per Mail an stefanie.birk@offenburg.de.
BU: Landschaftsarchitektin Stefanie Birk begutachtet das begrünte Dach auf dem Technischen Rathaus.
Foto: Mark Gregotsch/Stadt Offenburg