Abwasser im Blickpunkt

Verbandsklärwerk in Offenburg-Griesheim/Rund 3.000 Hektar Entwässerungseinzugsgebiet

18. Juni 2025

Unter dem Titel "Abwasser im Blickpunkt" eine Führung durch das Verbandsklärwerk statt. Anlass für die Redaktion, bei Matthias Mättler, Kaufmännischer Geschäftsführer des Abwasserzweckverbands "Raum Offenburg" (AZV), und Betriebsleiter Benjamin Heuberger nachzufragen, was mit dem Abwasser passiert.

 

Das Einzugsgebiet des AZV erstreckt sich nicht nur auf Offenburg, richtig?
Matthias Mättler: Ja, das ist richtig. Das Verbandsklärwerk in Offenburg-Griesheim reinigt Abwässer für Durbach, Hohberg, Offenburg, Ohlsbach, Ortenberg und Willstätt mit rund 93.000 Einwohner*innen. Hinzu kommen die Abwässer der Industriebetriebe.

 

Wie gelangt denn das Abwasser überhaupt in die Kläranlage?
Benjamin Heuberger: Aus den 25 Pumpwerken, die sich im gesamten Gebiet befinden, fließt das Wasser über die Kanalisation bis nach Griesheim zur Kläranlage und wird dort mit der Hebeanlage am Zulauf auf das Niveau der mechanisch-biologischen Reinigung angehoben, um dann in freiem Gefälle die Gesamtanlage zu durchfließen. Hierfür sind drei Förderschnecken im Einsatz. In der Rechenanlage werden alle Feststoffe über 6 Millimeter aus dem Abwasser gefiltert. Anschließend wird das sogenannte Rechengut gewaschen und gepresst und in Containern der weiteren Verwertung zugeführt.

 

Was passiert mit Sand oder Öl?
Heuberger: Sand und Schwimmstoffe, wie Öle und Fette, werden in zwei belüfteten Sand-Fettfängen aus dem Abwasser entfernt. Die dabei entnommenen mineralischen Stoffe werden in einer Sandwaschanlage von organischen Bestandteilen befreit. Die organischen Bestandteile werden wieder in den Abwasserstrom gegeben.

 

Und was passiert, wenn zu viel Regenwasser kommt?
Mättler: Damit die mechanisch-biologische Reinigungsanlage bei Regenwetter nicht überlastet ist, wird anfallendes Regenwasser im Regenüberlaufbecken, einem 1.300 m³ großen Flachbecken, zwischengespeichert. Nach Abklingen des Regens wird der Beckeninhalt der Anlage wieder zugeleitet.

 

Welche Wassermenge wird täglich gereinigt?
Heuberger: In der Kläranlage werden rund 23.000 m³ Abwasser pro Tag gereinigt, pro Jahr sind das im Schnitt rund 8 Millionen m³ oder deutlich mehr, je nach Wetterlage.

 

Wie geht es dann weiter?
Heuberger: Im Vorklärbecken mit rund 1300m³ setzt sich der „Primärschlamm“ ab, welcher über einen automatisch arbeitenden Räumer in einen Trichter gefördert und anschließend direkt der Schlammfaulung zugeführt wird.

 

Danach kommt dann die biologische Reinigungsstufe?
Heuberger: Ja, dann kommen die sogenannten "Belebungsbecken" bestehend aus acht Rechteckbecken. Mikroorganismen bauen hier die im Abwasser enthaltenen Kohlenstoffverbindungen, Stickstoffverbindungen und Phosphate ab. Der dazu erforderliche Sauerstoff wird mit feinblasiger Druckluftbelüftung am Beckenboden eingeleitet.

In den beiden Rundbecken, die als Nachklärbecken dienen, werden die Mikroorganismen als Schlammflocken aus den Belebungsbecken auf 13.500 m² Fläche bei langsamem Durchfluss vom Wasser getrennt. Sie sinken auf den Boden der Becken, werden automatisch in die Schlammtrichter in der Beckenmitte geräumt und wieder dem Belebungsbecken zugeleitet. Das im Verbandsklärwerk gereinigte Wasser fließt anschließend in den Mühlkanal.

 

Und welchen Weg nimmt der Klärschlamm?
Mättler: Der Faulschlamm bzw. Klärschlamm aus den Faultürmen wird über die Schlammspeicherbehälter zur Schlammentwässerung transportiert. Bei der Schlammentwässerung wird der in den Faulbehältern ausgefaulte Schlamm mit Polymeren konditioniert und in zwei Kammerfilterpressen auf einen Trockenrückstand (TR) von durchschnittlich 28 Prozent entwässert.

Dieser entwässerte Schlamm wird über Fördereinrichtungen zu Containern transportiert, um anschließend thermisch verwertet zu werden.

Je nach Energieverbrauch wird das in den Faulbehältern anfallende Gas vorübergehend in den beiden Gasbehältern zwischengespeichert. Mithilfe von zwei Blockheizkraftwerken wird aus dem Faulgas Strom produziert, welcher den Energiebedarf der Kläranlage zu zirka 90 Prozent abdeckt.

 

Was hat es denn mit dem Mischsystem und dem Trennsystem auf sich?
Mättler: Im Verbandsgebiet erfolgt die Entwässerung sowohl im Misch- als auch im Trennsystem. Beim Trennsystem werden Regenwasser- und Schmutzwasserkanäle getrennt verlegt. Das Regenwasser wird direkt in ein Gewässer oder einen Versickerungsgraben geleitet. Schmutzwasser fließt über die Kanalisation dem Klärwerk zu.

Beim Mischsystem werden Regenwasser und Schmutzwasser über einen gemeinsamen Kanal abgeleitet. In diesem Fall müssen Regenwasserbehandlungsanlagen zwischengeschaltet werden, damit die Kanaldurchmesser nicht unwirtschaftlich groß ausfallen.

 

Nachgefragt:

  • Gründung des AZV: 1971, seit 1994 wird die Stadtentwässerung Offenburg als Eigenbetrieb geführt
  • 1999: Übernahme der kaufmännischen Geschäftsführung
  • Seit 2001 Betriebsführung für den Zweckverband "Interkommunale Zusammenarbeit Abwasser Ortenau"
  • Insgesamt 37 Beschäftigte
  • Verbandsvorsitz: OB Marco Steffens

Der Faulturm überragt das Gelände des AZV. Im Vordergrund ist eines der Rundbecken zu sehen. Foto: AZV